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Eingewanderte Wölfe bevorzugen Wild

Wölfe in der Lausitz reißen nur selten Schafe, berichten Forscher. Sie haben die Fressgewohnheiten der einst so gefürchteten Räuber untersucht. Auf dem Speiseplan stehen demnach zu über 99 Prozent Wildtiere.

Den Wolf gab es in Deutschland mehr als 150 Jahre nur noch im Märchen. Die Menschen hatten Canis lupus gejagt, wo sie nur konnten, und Mitte des 19. Jahrhunderts war er dann faktisch ausgerottet. Doch als im Jahr 2000 das erste Wolfspaar in Sachsen gesichtet wurde, Zuwanderer aus dem benachbarten Polen, ging die Angst wieder um vor dem listigen Räuber. Mancher Schäfer – aber auch mancher Jäger hätte den Eindringling am liebsten zurück nach Polen gejagt.

Wissenschaftler der Senckenberg-Gesellschaft haben nun die Fressgewohnheiten der Lausitzer Wölfe untersucht. Die Studie umfasst die ersten acht Jahre nach ihrem Erscheinen in Deutschland. Die Ergebnisse klingen beruhigend: Der Anteil von Nutztieren auf dem Speiseplan liegt bei unter einem Prozent. Hauptsächlich ernähren sich die Wölfe von Rehen (55 Prozent), Rotwild (21 Prozent) und Wildschweinen (18 Prozent). Einen eher geringen Anteil am Speiseplan hat der Hase mit unter 3 Prozent.

„Die Ernährungsgewohnheiten von Wölfen sind der größte Streitpunkt bei deren Wiederbesiedlung in Deutschland“, sagt der Görlitzer Zoologe Hermann Ansorge. „Wir haben geschaut, was auf dem Speiseplan der Wölfe stand und wie sich dieser seit dem Erscheinen der Wölfe in Ostdeutschland verändert hat.“

Rudelstärke schwankt stark

Ansorge und seine Kollegen haben über 3000 Kotproben von Wölfen gesammelt und diese auf unverdaute Hinterlassenschaften wie Haare, Knochen, Hufe oder Zähne der Beutetiere untersucht. Zusätzlich erfassten die Forscher Fundreste von erlegter Beute. Aus diesen Informationen konnten sie dann ableiten, wovon sich die Tiere ernähren.

„Weniger als ein Prozent der analysierten Beutetiere kam aus dem Bereich der Nutztiere“, sagt Ansorge. Solange Schafe gut geschützt würden und es genug Auswahl unter den Wildtieren gebe, würden Wölfe kaum Nutztiere reißen. Nach Meinung des Zoologen meiden Wölfe Elektrozäune und Herdenschutzhunde.

Die eingewanderten Wölfe haben ihre Ernährung an die Gegebenheiten in der Lausitz angepasst, schreiben die Forscher im Fachblatt „Mammalian Biology“. In Polen ernährten sich die Tiere vor allem von Rotwild, das in den ausgedehnten Wäldern zu Hause ist. In den ersten Jahren der Studie lag der Anteil des erlegten Rotwilds auch in der Lausitz deutlich höher, und der Prozentsatz der Rehe war dafür niedriger. Inzwischen sind jedoch Rehe die bevorzugte Beute der Wölfe, weil sie in der Lausitz einfach häufiger anzutreffen sind.

Ganz ohne Opfer für Landwirte und Schäfer ist die Einwanderung der Raubtiere allerdings nicht geblieben: „Seit 2002 gab es in Sachsen 315 den Wölfen zugeordnete gerissene Nutztiere“, sagt Ansorge. Dabei habe es sich überwiegend um Schafe gehandelt. Mitunter werden die Tiere nur gerissen und nicht verspeist. Dass Wölfe in einer Schafsherde mehrere Tiere töten, kommt laut Ansorge tatsächlich vor, aber sehr selten. „Wenn sie von einem Hund oder Menschen beim Fressen gestört werden, fliehen die Wölfe.“ Auch deshalb seien Wildtiere die bevorzugte Beute.

Aktuell seien in der Lausitz elf Wolfsfamilien und ein Wolfspaar nachgewiesen. Durch Geburten, Abwandern junger Tiere und durch Todesfälle ändert sich die Größe eines Rudels immer wieder. Sie schwankt laut Ansorge im Jahresverlauf meist zwischen fünf und zehn Tieren.

hda

SpiegelOnline, 12. März 2012

www.spiegel.de


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