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Nachhaltige Forstwirtschaft

Unter nachhaltiger Forstwirtschaft versteht die GRÜNE LIGA Sachsen die Deckung des aktuellen Holzbedarfes unter Aufrechterhaltung der natürlichen Waldfunktionen, so dass die nachfolgenden Generationen ein intaktes ökologisches System vorfinden und gleichermaßen die Möglichkeit haben, ihre Bedürfnisse vollständig und doch ressourcenschonend zu befriedigen. Forstwirtschaft, wie sie bspw. vom Staatsbetrieb Sachsenforst teilweise praktiziert wird, ist in ihrer Nachhaltigkeit zu hinterfragen. Hier sollen einerseits die Fehlplanungen vergangener Jahrhunderte und Jahrzehnte durch einen Waldumbau hin zu standortgerechten Mischwäldern korrigiert werden, andererseits steht der Wald weiterhin unter einem hohen Nutzungsdruck, da z.B. Flächen nach sog. Schad-ereignissen – sei es Windbruch oder Borkenkäferbefall – durch großflächigen Kahlschlag beräumt und damit ihre Waldfunktionen erheblich eingeschränkt werden. Dabei ist ein massiver Borkenkäferbefall Indiz für die zu geringe Widerstandskraft des Ökosystems, aber auch Chance für den natürlichen Waldumbau. Weiterhin treten Belange des Biotop- und Artenschutzes bei der Bewirtschaftung regelmäßig in den Hintergrund, werden doch z.B. selbst in europäischen Vogelschutzgebieten während der Brutzeit Bäume gefällt und störungsempfindliche Arten wie der Schwarzstoch aus ihren angestammten Brutrevieren vertrieben.

Wir meinen:

Eine nachhaltige Forstwirtschaft

  1. belässt 10 bis 15 % der Waldfläche einer natürlichen Entwicklung ohne Holznutzung;
  2. sichert ausreichend große Ruheräume für störungsempfindliche Charakterarten des Waldes und verzichtet dort auf Rückegassen und Wegeerschließung;
  3. respektiert die Lebensraumansprüche der Vögel und verzichtet in europäischen Vogelschutzgebieten auf Durchforstungsmaßnahmen in der Zeit vom 01. März bis zum 30. September eines jeden Jahres;
  4. begreift die Borkenkäfer-Kalamitäten als Chance des natürlichen Waldumbaus hin zu klimastabilen Mischwäldern und räumt der natürlichen Sukzession bei gleichzeitigem Belassen stehenden und liegenden Totholzes als Grundlage für den neuen Wald den Vorrang ein;
  5. schafft auf ihren Wirtschaftswaldflächen standortgerechte Mischbestände aus gebietseigenen Baum- und Straucharten. 

     

 

Die Neupflanzung von nicht gebietsheimischem Baumarten, die Schaffung eines flächendeckenden Rückegassensystems in 20- bis 40m-Abstand in allen Waldflächen, Holzgewinnungs- und Durchforstungsarbeiten während der Brutzeit in europäischen Vogelschutz (SPA)-, FFH- und Naturschutzgebieten sowie sämtliche Holzgewinnungsarbeiten in besagten Schutzgebieten ohne FFH-Verträglichkeits- und Artenschutzprüfung sind keine nachhaltige Forstwirtschaft und dienen auch nicht den Zielen des Naturschutzes.

Waldstrategie 2050 – Positionen der GRÜNEN LIGA

Die GRÜNE LIGA Sachsen e.V. begrüßt grundsätzlich die Erarbeitung eines solchen Strategiepapiers für die Waldentwicklung im Freistaat Sachsen, sieht aber große Defizite beim Naturschutz und Nachbesserungsbedarf bei widersprüchlichen Zielsetzungen.

Nachhaltige Waldbewirtschaftung kann nicht gleichzeitig die Holzerzeugung auf hohem Niveau festschreiben, Wiederbewaldungen auf landwirtschaftlichen Flächen ausschließen und „vielfältig nachgefragte Waldökosystemdienstleistungen“ erbringen. Die GRÜNE LIGA empfiehlt den Verzicht auf die geplante Erschließung kleiner und kleinster Privatwälder für die Holzerzeugung. Gerade diese Wälder bilden heute die wertvollsten Naturräume im Wald.

Die heute den sächsischen Staatsforst dominierenden strukturarmen, einschichtigen, mittelalten Nadelbaumreinbestände sollten gezielt in Mischwaldbestände umgebaut werden, wenigstens 10 bis 15 % der Waldfläche sollten einer natürlichen Entwicklung ohne Holznutzungsambitionen überlassen werden.

Eine Verknappung des Holzangebots durch Bereitstellung von Waldfläche für den Naturschutz hat darüber hinaus das ökonomische Ergebnis, dass die Beschäftigten im Wald einen höheren Ertrag für ihr Produkt erlösen können und so der Reinertrag pro ha steigt.

Die geplante Personalreduktion beim staatlichen Forstbetrieb sollte mit einer Reduktion der Holzerzeugung in Naturwaldzellen verbunden werden.

Der Eingriffsausgleich darf nicht zum Betrug an der Natur werden. Die heutige Praxis, ein Hektar Flächenversiegelung mit der Aufforstung von 0,27 Hektar Wald auszugleichen ist nicht akzeptabel, weder für den Wasser- noch für den Bodenhaushalt. Allein zum Ausgleich der fehlenden Versickerung müssten drei Hektar Wald für ein Hektar Versiegelung aufgeforstet werden kommt (Berechnung nach Abflussbeiwerten).

Das Waldmehrungsziel von 30 % der Landesfläche ist mit den naturschutzrechtlichen Regelungen zum Ökokonto als Erfolgsfaktor „zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme“ nicht vereinbar. Eine Streichung der entsprechenden Passage ist zwingend notwendig, so man die Zielstellung der Waldmehrung noch in diesem Jahrhundert umsetzen möchte.
 

 

Planerische Vorgaben, in welchen Regionen nicht aufgeforstet werden soll,
sind kontraproduktiv und sollten nicht in die Waldstrategie 2050 aufgenommen werden.

Nutzungsfreie Naturwaldzellen sollten perspektivisch von der Grundsteuer befreit werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Waldeigentümer, die ihre Flächen der Natur zur Verfügung stellen, noch steuerlich „bestraft“ werden.

Gegenwärtig dominiert ein Trend hin zur forstlichen Erschließung und Nutzbarmachung auch scheinbar kleiner Flächen bzw. schwer zugänglicher Lagen. Dieser Trend sollte im Interesse eines landesweiten Netzes forstlich ungenutzter bzw. nur sehr extensiv genutzter Waldflächen gestoppt werden. Die Akzeptanz für die Forstwirtschaft steigt, wenn nicht überall forstliche Aktivitäten zu verzeichnen sind.

Schlussendlich braucht der Mensch auch Orte der Ruhe und räumlichen Stabilität. Die Siedlungen und agrarisch geprägten Landschaften unterliegen im Vergleich zu früher einem viel größeren Wandel in immer kürzeren zeitlichen Abständen durch Aufbau-, Neubau- und Abrissaktivitäten jeglicher Art. Der heimatverbundene Mensch kann heute nicht mehr davon ausgehen, dass im Laufe seines Lebens sein Umfeld weitgehend so erhalten bleibt, wie er es aus seinen Kindertagen kennt. Die Folge ist ein Gefühl der Entwurzelung. Wildnisflächen können diesen Entwurzelungsprozess abmildern. Auch aus diesem Grunde sollte in der Waldstrategie 2050 eine Zielstellung von 10 bis 15 % ungenutzter Waldfläche formuliert und nicht nur auf die Großschutzgebiete Sachsens begrenzt werden.

 

Waldumbaumaßnahmen, die naturferne Monokulturen mittelfristig in naturnah bestocke Wälder verändern sind keine Ausgleichsmaßnahmen, sondern gute Forstwirtschaftliche Praxis, die nicht zu Lasten der Natur subventioniert werden müssen.

Das Waldmehrungsziel des Freistaates Sachsen von 30% der Landesfläche findet die vollste Unterstützung der GRÜNEN LIGA Sachsen. Die für die Erreichung dieses Ziels notwendigen  30.000 ha bisher unbewaldeter Flächen können aber nicht durch eine Bepflanzung innerstädtischer Brachen aufgebracht werden kann. Deshalb irritieren die Aussagen in der Waldstrategie 2050, die den Eindruck vermitteln, die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen weitgehend ausschließen zu können.
Wenn es heute möglich ist, die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen in Sachsen für den Anbau von Energiepflanzen zu nutzen, muss auch eine Nutzung weniger Anteile landwirtschaftlicher Flächen für Waldmehrung und Naturschutz möglich sein.