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Gemeinsames Positionspapier zum Waldumbau

Die unterzeichnenden Verbände unterstützen die Sächsischen Waldbesitzer in ihrem Bemühen beim Waldumbau hin zu einem klimastabilen Wald!

Trockenheit, Stürme und Borkenkäfer haben in den letzten zwei Jahren schwere, für jeden ersichtliche Schäden im Wald hinterlassen. Schwerpunkt hierbei sind die Fichten- und Kiefernbestände, aber auch die Buchenwälder in weiten Teilen des Landes.

Neben seiner wirtschaftlichen Funktion muss der Wald heute in der Lage sein, auch alle anderen Aufgaben wie z. B. Schutz- oder Erholungsfunktion nachhaltig zu erfüllen. Dem Wald kommt daher eine große Rolle bei der Klimastabilisierung durch CO2-Bindung und Wasserspeicherung aber auch als Habitat vielfältiger Insekten und Wildtiere, kurz beim Erhalt von Flora und Fauna, zu. Die Definition von Artenvielfalt und Biodiversität im Wald darf sich nicht auf wenige, zumeist wirtschaftlich interessante Baumarten beschränken.

Wildtiere sind nicht die Ursache für Monokulturen, Klimawandel, Stürme und Borkenkäfergradationen, sondern meist der Mensch und dessen Bedürfnis- und Bedarfsbefriedigung. Sie dürfen nicht die Rechnung menschengemachter Misswirtschaft begleichen müssen. Ihren Belangen ist Rechnung zu tragen, da der Wald eben nicht nur Wirtschaftsobjekt, sondern in erster Linie Lebensraum ist.

Die Unterzeichner vertreten daher klar die Auffassung, dass ein verantwortungsbewusster Waldumbau nur unter der Prämisse „Wald mit Wild“ erfolgen kann.

Unser Wald braucht zum Überleben und zur Zukunftssicherung neue Konzepte. Die einfache Aufforstung mit neuen Baumarten wird dem nicht gerecht. Auch das plattitüdenhafte Wiederholen der Forderung nach Reduktion des Schalenwildes kann nicht die Lösung des Problems sein.

Die letzten 30 Jahre haben bewiesen, dass der dem Motto „Wald vor Wild“ zugrunde liegende Ansatz „Waldumbau mit der Büchse“ zu kurz gedacht ist und in der Praxis nur allzu oft dem Tierschutz widerspricht.

Ein Paradigmenwechsel ist erforderlich!

Unsere Standpunkte:

  1. Der häufig propagierte und mit viel Steuergeld unterstützte laufende Waldumbau hat bei weitem nicht die Erfolge gebracht, die erwartet wurden. Weitere Fördermittel dürfen nicht in ein „Weiter so“ investiert werden.
  2. Die Förderkulissen im Rahmen eines klimastabilen Waldumbaus sind von Einzelobjekten zu lösen und auf die Art der Waldbewirtschaftung abzustellen. Besondere ökologisch ausgerichtete
    Bewirtschaftungsweisen (Belassen von Totholz, Verzicht auf Holzeinschlag zur Brutzeit, Flächen ohne Bewirtschaftung…) sollten gesondert gefördert werden.
  3. Förder- und Haushaltsmittel dürfen nicht zur wirtschaftlichen Sanierung staatlicher, kommunaler und privater Forsten eingesetzt werden.
  4. Der Landesforst ist grundsätzlich neu auszurichten. Das Primat der Wirtschaftlichkeit über die Holzgewinnung ist im Staats- und Landeswald zu überdenken. Die Funktion des Waldes beschränkt sich nicht allein auf das Erzielen monetärer Erträge aus dem Verkauf von Rohholz. Lebensraum, Klimastabilisierung, Naturschutz und Freizeitwert stehen heute an vorderster Stelle. Der Wald der öffentlichen Hand muss in weiten Teilen als ökologischer / umweltorientierter Zukunftswald entwickelt werden. Wirtschaftswälder mit Gewinnerzielungsabsicht sollten lediglich in den Privatforsten weiterbetrieben werden. Bereits das Bundesverfassungsgericht stellte 1990 klar, dass insbesondere die Bewirtschaftung des Körperschafts- und Staatswaldes nicht der Sicherung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, sondern der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes dient.
  5. Im Rahmen des Waldumbaus halten wir es für erforderlich, neue Wege für Flora, Fauna und Habitat zu gehen. Zum Beispiel sind Jung und Vorwälder aus Pionierbaumarten (Birke, Eberesche, Aspe, Saalweide, Kiefer etc.) in Bezug auf Klimaveränderungen wesentlich anpassungsfähiger als Klimaxbaumarten, insbesondere Buche und Tanne. Solche lichten Vorwälder bilden außerdem wichtige Lebensräume bzw. Teillebensräume für zahlreiche Wild-, Amphibien-, Vogel- und Insektenarten. Wir schlagen deshalb vor, einen Teil der Schadflächen in einem mit den anerkannten Naturschutzverbänden abzustimmenden Umfang der natürlichen Wiederbewaldung zu überlassen und so Rückzugsräume für diese Arten zu schaffen, die entsprechend als Wildruhezonen auszuweisen sind.
  6. 5% der Schadflächen sind als jagdfreie Wildäsungsflächen zu gestalten, um den Verbissdruck auf die künftigen Waldgenerationen zu reduzieren und den Wildtieren wieder den Zugang zur Nahrung zu gewähren, der ihnen gegenwärtig durch Waldbewirtschaftung, Tourismus und Infrastruktur verwehrt wird.
  7. Im Zusammenhang mit vorstehenden Punkten müssen Fördermittel auch für Wildtiermanagementkonzepte zur Verfügung gestellt werden. Neben begleitenden Maßnahmen wie Aufklärung der Bürger über das Ökosystem Wald sind die Wildtiermanagementkonzepte zudem mit hoheitlichen Maßnahmen wie Besucherlenkung oder Leinenpflicht für Hunde in bestimmten Gebieten zu untersetzen. Nur so kann ein Ausgleich zwischen biologischen Bedürfnissen des Wildes und den Ansprüchen der Menschen an den Wald geschaffen werden.
  8. Der Waldumbau hin zu einem klimastabilen Zukunftswald ist in allen Eigentumsformen vom Privat-, über Körperschaftswald bis hin zu den Landesforsten mit den hier genannten unterschiedlichen Zielstellungen zu beschleunigen. Er ist in die Hände eines „Center of Exellence“ zu legen, das eigentumsunabhängig agiert und unter Hinzuziehung von Wissenschaftlern aller den Wald betreffenden Fachrichtungen ganzheitliche Lösungsansätze dafür erarbeitet, dass der Wald der Zukunft alle seine Funktionen gleichberechtigt und nachhaltig erfüllen kann. Das Wissen hierzu muss allen Waldbesitzern zugänglich sein.
  9. In mit den anerkannten Naturschutzverbänden abzustimmenden Umfang sind Teile des öffentlichen Waldes aus der Bewirtschaftung zu nehmen und als Wildnisgebiete auszuweisen.
  10. Durch die Ausweisung von wenn möglich sogar länderübergreifenden Biosphärenreservaten kann sichergestellt werden, dass der Wald alle seine Funktionen gleichberechtigt nebeneinender erfüllt, ohne eine bestimmte überzugewichten.
  11. Im Rahmen der bestehenden 3-Jahresabschusspläne können Waldbesitzer und Jäger jagdliche Schwerpunkte in Wiederaufforstungsbereichen setzen. Eine pauschale Reduktion des Wildbestandes über alle Waldflächen lehnen wir grundsätzlich ab, da es keinerlei fundierte Zahlen zur tatsächlichen Höhe der Wildbestände gibt. Eine Beurteilung von „angemessenen“ Schalenwilddichten nur auf Basis von „Verbissprozenten“ ohne Analyse des real zur Verfügung stehenden Lebensraums ist nicht geeignet, objektive Aussagen in dieser Richtung zu treffen. Waldumbau-Management beinhaltet nach unserer Meinung auch die Lenkung der Wildbestände und den verantwortungsvollen Umgang mit ihnen, nicht aber deren Reduktion mit allen Mitteln bis zur Verarmung des Gen-Potentials der jeweiligen Art (z. B. Tharandter Wald).

In Sachen Waldumbau gibt es viel zu tun! Es gibt hierbei nicht eine
Wahrheit und nicht einen goldenen Mittelweg.

Den Unterzeichnern ist es wichtig, beim Thema Waldumbau gemeinsammit allen Wald-Nutzern nach neuen Ansätzen zu suchen, im Interesse eines zukunftsfähigen, klimagerechten Waldes gemeinsam für alle Beteiligten tragfähige Kompromisse zu finden und nicht an alten, von den aktuellen Ereignissen überholten Ideologien festzuhalten.
Verfasser: Wilhelm Bernstein

Unterzeichner:

Landesjagdverband Sachsen e.V.
Bündnis für Wald und Wild e.V.
GRÜNE LIGA Sachsen e.V.
Naturschutzverband Sachsen e.V.
Naturschutzbund Deutschland - Kreisverband Mittleres Erzgebirge e.V.

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