Rote Karte für Umweltminister
Umweltministerium hortet Millionen, statt Umweltschäden zu beseitigen und Flüsse zu revitalisieren
Nicht nur Sachsens Finanzminister hamstert das Geld und sorgt damit dafür, dass für wichtige Investitionen immer wieder „leere Töpfe“ gemeldet werden. Im Umweltministerium herrscht eine ganz ähnliche Mentalität. Zwar weiß man, wie man tüchtig Geld einsammelt. Aber wenn es dann um den Einsatz der Gelder geht, fehlen sichtlich die Konzepte. Besonders gravierend bei der Herstellung ökologisch gesunder Gewässer.
Nach denen muss man in Sachsen mit der Lupe suchen. Über Noten von 5 oder 4 kommen viele Flachlandgewässer in Sachsen nicht hinaus. Sie sind mit Chemie aus der Landwirtschaft belastet, oft genug auch mit Ausschwemmungen aus dem Bergbau. Viele sind in einem Zustand, der mit naturnah nichts zu tun hat.
Aber das Umweltministerium unter Leitung von Thomas Schmidt (CDU) hat augenscheinlich keinen Plan, wie er die Gewässergüte im Land wieder herstellen soll.
Dafür hortet das Umweltministerium Mittel in zweistelliger Millionenhöhe, statt sie zweckmäßig zu nutzen. Dabei handelt es sich um Einnahmen aus Abgaben für Umweltnutzungen, die eingesetzt werden müssten, um Umweltschäden zu sanieren. Das ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage von Dr. Jana Pinka, Sprecherin der Linksfraktion für Umweltpolitik und Ressourcenwirtschaft („Abgabenverwendung und Ausgabereste im Freistaat Sachsen bis 2016“, Drs 6/10910).
„Schon 2015 hatte ich gerügt, dass das Umweltministerium in einem nicht geahnten Ausmaß Geld hortet, anstatt es auszugeben. So bleiben einerseits Umweltschäden unsaniert, andererseits wird neuen Umweltschäden nicht vorgebeugt, obwohl das möglich wäre. Aktuelle Beispiele wären Forschungsvorhaben zur raschen Aufklärung des gravierenden Insektensterbens, die Verbesserung der Gewässergüte und Gewässerstruktur oder die Ertüchtigung der Abwasserreinigung im Hinblick auf Spurenstoffe wie pharmazeutische Substanzen und Hormone“, zählt Jana Pinka einige Ansatzpunkte auf, bei denen das Umweltministerium handeln könnte.
Ausgabenreste im Umweltministerium. Grafik: Linksfraktion, Dr. Jana Pinka
Der größte Posten der ungenutzten Gelder ist eigentlich für die Abwassereinigung gedacht.
Jana Pinka: „In den beiden zurückliegenden Jahren wurden insgesamt nur rund 14 Millionen Euro für die Förderung des Kleinkläranlagenbaus ausgegeben – es stehen noch 40,5 Millionen Euro für den Bau von Abwasseranlagen zur Verfügung. Dieses Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern über die Abwasserabgabe abverlangt worden ist, sollte ihnen auch zugute kommen! Es passt nicht zusammen, dass gleichzeitig gegen Härtefälle vorgegangen wird oder Menschen zum Bau von Kleinkläranlagen gezwungen werden.“
Und dann benennt sie den Punkt, der tatsächlich die größte Schwachstelle des Agro-Technikers Thomas Schmidt ist: Die Politik, die er macht, ist vor allem eine Politik für die industrialisierte Landwirtschaft. Egal, ob es der nicht nachhaltige Hochwasserschutz ist, die Herabstufung der Naturschutzgebiete oder die Gleichgültigkeit gegenüber den hochgradigen Belastungen von Grundwasserkörpern und Flüssen.
Eigentlich müsste das Ministerium – so, wie es derzeit geführt wird – komplett aufgespalten werden in ein Landwirtschafts- und Forstministerium und ein fachlich kompetentes Umweltschutzministerium. Der Dialog, wie er eigentlich mal angedacht war in der Struktur des Ministeriums, funktioniert nicht. Gerade Schmidt scheint sein Amt eher so zu definieren, dass er die intensive Landwirtschaft vor jedem Anspruch zu bewahren versucht, sie umweltverträglicher und nachhaltiger zu machen.
Jana Pinka: „Gleichzeitig bleibt die Landwirtschaft außen vor, die viel stärker als Privathaushalte die Gewässer verunreinigt, und Geld, das für die Verbesserung der Gewässergüte vorgesehen ist, fließt nicht. Das kann man keinem erklären. Zu allem Überfluss bleiben auch noch die Einnahmen aus der Wasserentnahmeabgabe, mit der seinerzeit die Wassermüller in die Knie gezwungen werden sollten, ungenutzt.“
Diese Gelder waren eigentlich für „Maßnahmen, die der Erhaltung und der Verbesserung der Gewässerbeschaffenheit und des gewässerökologischen Zustandes dienen“ gedacht. Aber auf dem Gebiet passiert derzeit gar nichts. Es spielt nicht einmal eine Rolle, wenn etwa an der Pleiße eine rücksichtslose „Störstellenbeseitigung“ genehmigt wird und die obere Naturschutzbehörde nicht mal einschreitet. Diese Störstellenbeseitigung ist eine eindeutige Verschlechterung der Gewässerbeschaffenheit, keine Verbesserung. Das Problem sächsischer Flüsse ist nicht, dass sie für Motorboote nicht schiffbar sind, sondern dass sie ihre Regenerationskraft durch Kanalisierung, Eindeichung und „Störstellenbeseitigung“ verloren haben.
Es gibt sehr wohl die nötigen Kompetenzen im untergeordneten Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Doch unter Schmidt scheint dieses Amt komplett kaltgestellt zu sein.