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Baumfällungen 2017 im Leipziger Auwald

Uns erreichten Anfang des Jahres viele Zuschriften erschrockener Bürger, die die zahlreichen Baumfällungen im Waldgebiet „Nonne“ und bei Leutzsch im Spätwinter beklagten und nach der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen fragten. Daraufhin wurde auch bei NuKLA e.V. viel diskutiert.

Als einer der Gründe für die Fällungen wird immer wieder die Verkehrssicherungspflicht entlang der Wege ins Feld geführt. Einige der vor ca. 150 Jahren zahlreich gepflanzten Eschen im Leipziger Auwald sind vom Eschentriebsterben betroffen, einem Pilzbefall, der langfristig die Standsicherheit einiger der tatsächlich befallenen Bäume beeinträchtigen kann. Eine Langzeitstudie aus Sachsen zeigt: ca. 50%. der Eschen des untersuchten Gebietes waren resistent und blieben gesund,  10% starben, ihre Äste fielen ab und die Restbäume blieben verkrüppelt stehen (und wurden damit wieder wichtiger Lebensraum für geschützte Arten), die verbleibenden 40% überwanden die Krankheit. Es können von befallenen Bäumen also Äste abbrechen, auch ganze Bäume könnten bei stärkerem Befall irgendwann umstürzen. Bundesweit sind Förster daher dabei, betroffene (oder wie in Leipzig auch schon mal die noch nicht befallenen) alten Bäume zu entfernen – seltsamer Weise gar nicht nur an stark begangenen Wegen. Lt. Urteilen des BGHs sind die Waldeigentümer  im Sinne der Wegesicherheit aber gar nicht  juristisch haftbar zu machen: jeder, der sich im Wald bewegt, muss theoretisch damit rechnen, dass ein Ast herabfallen kann. Das prophylaktische Einschlagen der wertvollen alten Bäume ist also weder fachlich noch juristisch begründet.

An einigen Stellen im Leipziger Auwald wurde diese Gelegenheit benutzt, sogenannte Femellöcher zu schlagen. Femellöcher sind Lichtungen im Wald, die der Verjüngung des Baumbestandes aus wirtschaftlichen Gründen dienen. Auf den dann lichtreichen Stellen werden vom Stadtforst junge Bäume, z.B. Eichen, gepflanzt, die jedoch als langsam wachsende Bäume kaum eine Chance haben, weil sich Holunder und Brombeere viel schneller dort ansiedeln, als die Eichensetzlinge wachsen können, und damit dafür sorgen, dass über Jahre kein Baum mehr hochwachsen kann.  Eine weitere Begründung für die Femelbewirtschaftung ist, dass dadurch ein höherer Strukturreichtum geschaffen würde, von dem zahlreiche Arten sogar profitieren. Für andere Arten, wie z.B. die geschützte Mopsfledermaus, die im Bereich des riesigen Einschlages an der Ecke Nonnenweg kurz vor dem Schleußiger Weg einen natürlichen, von Gesetzes wegen zu schützenden Lebensraum hatte, werden nach der forstwirtschaftlichen Maßnahme Nistkästen aufgehängt, um die durch die Fällung verloren gegangen Nistmöglichkeiten zu kompensieren. Im Rahmen des Forstwirtschaftsplans wurden diese Maßnahmen zusammen mit großen Leipziger Naturschutzverbänden geplant und von diesen „abgenickt“.

Also – alles in Ordnung?

Da dem Auwald schon seit Jahrzehnten eine natürliche Hochwasserdynamik fehlt, welche den sich durch das Trockenfallen rasant ausbreitenden, nicht standortgerechten Ahorn auf natürliche Weise dezimieren könnte, werden die langsam wachsenden, überschwemmungsresistenten auentypischen Baumarten (z.B. Eichen) immer weiter verdrängt. Aufgrund seiner eingeschlossenen Lage innerhalb einer Großstadt (man bedenke allein den den Großraum umgebenen Autobahnring) verfügt der Auwald über nur wenige große grasfressende Tierarten (Rehe), die ebenfalls auf natürliche Weise die schnellwachsende Arten reduzieren würden. So ist es nur logisch, dass hier leider vor allem Arten von der Femelung profitieren, die standortuntypisch sind und darauf hinweisen, wie trocken und eutrophiert die Aue bereits ist: Ahorn, Holunder, Brennnessel.

Dies ist ein großen Problem für den Leipziger Auwald, da in den ausgewiesenen Schutzgebieten (z.B. Natura2000-Gebiet Burgaue) die Eigentümer verpflichtet sind, sich für eine Verbesserung des festgestellt schlechten Zustandes einzusetzen (Auenzustandsbericht des BfN). Beweidungsprojekte sind andernorts auch in einem Stadtwald realisiert. Und eine natürliche Hochwasserdynamik wäre die zwingende Maßnahme, um den Auwald als Auenökosystem zu erhalten. Dies sind keine offenen Fragen, sondern erwiesene naturschutzfachliche und in entsprechenden Revitalisierungsprojekten nachgewiesene Erkenntnisse. Für deren Umsetzung es aber eines politischen Willens der EignetümetrInnen bedarf: das ist nicht die Stadtverwaltung, das sind die Leipziger Bürgerinnen und Bürger! Eine Wiederauflage des „Hiebverzichtes“ (Verzicht auf Baumfällungen) im Leipziger Auwald für alle alten Bäume wäre ein erster Schritt. Denn es wurden auch gesunde Eschen gefällt, um diese Stämme zu verkaufen, bevor die Eschen krank werden. Die „Forstwirtschaft“ einer Kommune ist eben ein Wirtschaftsbetrieb, der ohne Verluste wirtschaften muss – aber muss er das wirklich auf diese rabiate Art, die noch längst nicht das Ende der Fahnenstange resp. Kettensäge bedeutet, wenn man sich die Fällungsmarkierungen in unserem Wald ansieht! Ist ein Wald mit alten Bäumen, deren luftreinigende Wirkung nicht nur linear zum Kronenvolumen zunimmt, sondern expotentiell, für die hier lebenden Menschen kostbarer, als die ca. 12.000,- €, die der geschlagene Stamm einer 150 Jahre alten Esche einmalig in die Stadtkasse spült? Wäre der Ertrag geringer, wäre der Holzeinschlag noch fragwürdiger!

Im Rahmen des von NuKLA und der LANU Ende Mai veranstalteten 1. Internationalen Leipziger Auenökologie-Symposiums fand mit dem teilnehmenden Professor Dr. Bernd Gerken, Forstzoologe, Ökologe und langjähriger Naturschützer und Auenspezialisten, eine Begehung des betreffenden Gebiete mit einer Diskussion der Thematik statt. Unten finden Sie Bilder der im vergangen Winter erfolgten Holzeinschläge und von dieser Begehung.

Wir stellen uns Fragen, Sie auch? Die NuKLA-AG Baum- und Artenschutz sucht weiter Mitstreiter, welche uns in unserer ehrenamtlichen Arbeit zum Schutz der Bäume im Leipziger Auwald unterstützen wollen. Schreiben Sie uns, den Stadträten, dem Oberbürgermeister, der Zeitung!

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